Rückblick: 44. Hexentreffen in Aachen

Rückblick: 44. Hexentreffen in Aachen

Veröffentlicht von , 05. Februar 2018

Text: Katharina Milke
Fotos: Cyril Hertz

Familie – Beruf – Fliegen: Wir wollen alles!

In Aachen kamen am letzten Januarwochenende, Pilotinnen aus ganz Deutschland zum 44. Hexentreffen in der Karlsstadt zusammen. Mit 127 angemeldeten Teilnehmenden ist ein neuer Rekord aufgestellt. Teilgenommen haben nicht ausschließlich Frauen, aber doch in der übergroßen Mehrzahl.

Schon am Freitagabend kamen die ersten zu informellen Vernetzungen zusammen. Im Bistro der Aachener Jugendherberge, in der meisten Teilnehmerinnen untergebracht waren, traf man sich bei Suppe und belegten Brötchen zum Wiedersehen oder neu Kennenlernen. Der Abend endete erst um Mitternacht, als die letzten den Weg in die Zimmer fanden.

Am Samstag gab es ein volles Programm. Alle Vorträge fanden in der Fachhochschule (FH) im Fachbereich 6 für Luft- und Raumfahrt statt. Die Teilnehmerinnen wurden lebendig und herzlich begrüßt durch den Rektor der FH , Prof. Baumann, durch Hartmut Biebricher vom Luftsportverein Aachen und durch den Präsident des AEROCLUB | NRW, Stefan Klett. Der Dekan des Fachbereiches, Prof. Dr. Peter Dahmann, stellte die Arbeit der Fachhochschule vor. Für die Zuhörerinnen bestechend war der große Praxisanteil und das hohe Gewicht an Forschung. So fiel nicht nur einmal der Satz: „Da würde ich auch nochmal gerne studieren!“

Als Nächstes gab Yvonne Dathe, vierfache Deutsche Meisterin im Gleitschirmfliegen, einen kurzen Einblick in mentales Training. Sie konzentrierte sich dabei auf das Problem der richtigen Zielsetzung und die Frage, warum so viele unserer Ziele nie Realität werden. Erstaunlich dabei war die große Rolle des Unterbewussten. Und klar wurde auch, dass es im Wesentlichen darauf ankommt, wie Ziele formuliert werden, damit es überhaupt eine Chance gibt, dass sie realisiert werden können.

Judith Spoerl, Controllerin am Flughafen in Salzburg, stellte ihren beruflichen Werdegang und die Tätigkeit am Flughafen vor. Sie schilderte dabei den Spagat, den sie immer wieder leisten muss, um ihren Job mit der Versorgung ihrer Tochter zu verbinden. Judith Spoerl hat inzwischen zwei Bücher geschrieben, um ihrer Tochter das Fliegen näher zu bringen: „Lena fliegt sich frei“ und „Lena startet durch“. Ein drittes Buch soll folgen.

Sarah Hamacher erzählte sehr lebendig und bisweilen humoristisch von ihrer beruflichen Ausbildung  zur Flugzeugmechanikerin. Sie leitet inzwischen einen CAMO-Betrieb zur Wartung von Hubschraubern. Dabei schimmerten immer wieder die Probleme durch, die es gibt, wenn eine Frau einen solchen Beruf wählt und auch noch eine Familie hat, in der sie auch tatsächlich präsent sein möchte.

Nach der Kaffeepause erläuterte Ulf Calsbach die Veränderungen, die auf Flugzeughalter durch die Veränderungen der EASA von CAMO zu CAO zukommen.

Sabine Theis berichtete von der Arbeit des BAFF (Bundesausschuss für Frauen und Familie) und Susanne Schoedel stellte kurz den AMF, den Angelika Machinek Förderverein, vor. Sie gab einen kurzen Überblick über die großen fliegerischen Leistungen von Angelika Machinek und nannte die wesentlichen Aktionen, die derzeit im AMF laufen, vor: Straßenbenennungen, Durchführung von Trainingscamps für junge Pilotinnen, Training von Pilotinnen im Doppelsitzer hauptsächlich mit Walter Eisele. Für das kommende Jahr ist die Vergabe der ASW 19 an junge Streckenflugpilotinnen geplant.

Im Hof des Fachbereichs war inzwischen dieses neu hergerichtete Flugzeug des AMF aufgerüstet worden und es fand die Taufe auf den Namen Svantje Geyer statt. Svantje hatte das Flugzeug dem AMF als Förderflugzeug vermacht. Das war dann auch die Gelegenheit für ein Gruppenfoto. Die erste glückliche Jungpilotin, Elena Mascus, konnte gleich einmal Platz nehmen.

 

In der Mittagspause hatten die Teilnehmerinnen die Gelegenheit sich auszutauschen und Zeitschriften und Büchern zu sichten. Zum Beispiel die Bücher von Judith Spoerl (s.o.) und Katharina Milke („Segelfliegen in Pokweni/Namibia“). Auch das Kennenlernen von Projekten der Studierenden der FH war möglich. Anschließend nahmen viele an Führungen durch die Räumlichkeiten des Fachbereichs 6 teil.

Die Gleichstellungsbeauftragte der FH Aachen, Judith Kürten, erläuterte ihre Arbeit und die bestehenden Probleme: insgesamt gibt es viel zu wenig Frauen in den naturwissenschaftlichen Fächern und noch viel weniger, die in der Hierarchie aufsteigen. Judith Kürten beleuchtete dabei die Faktoren, die für eine Karriere förderlich sind. Auf Platz 1 steht das Bilden von Netzwerken, Kontakt und Beziehungen. Der zweite wichtige Faktor ist die Förderung durch einen Mentor und erst auf dem dritten Platz liegt die Leistung. So kommt es, dass die meisten Frauen trotz wesentlich besserer Leistungen als ihre männlichen Mitbewerber oft nicht zum Zuge kommen.

Als letzten Punkt der vielen Themen gab es ein Worldcafé – eine spezielle Methode zur Bearbeitung strittiger Thesen – und einem Mini-Workshop zum mentalen Training. In dem Workshop, geleitet von Yvonne Dathe wurde der Umgang mit Stresssituationen und Angst thematisiert. Es ging vor allem darum, wie man/frau sich noch aktionsfähig hält, um eine möglicherweise lebensbedrohliche Situation (zum Beispiel Verklemmen des Seitenruders) zu handeln. Sehr spannend, aber nur ein Einstieg, der in engerem Kontakt mit Yvonne Dathe (www.winmental.de) vertieft werden kann.

Im Worldcafé ging es darum, wie die verschiedenen Verpflichtungen der Frauen in Familie und Beruf auch noch mit dem Vereinsleben in Einklang gebracht werden können. Wie bei der Auswertung im Gesamtplenum zu sehen, ist das eine nicht ganz einfache Angelegenheit.

Spannend bei diesem Treffen der Fliegerinnen war, dass sich das Thema „Familie – Beruf – Fliegen. Wir wollen alles!“ durch den ganzen Tag zog und an den vielen Beispielen klar wurde, wie schwierig es doch für die meisten Frauen ist. Und vor allem, dass es noch lange keine Gleichstellung in der Lebensbelastung gibt. Da müssen wir unbedingt dran bleiben!

Der AMF hielt noch seine Jahreshauptversammlung ab, bevor der Abend unter dem Titel „Hexensabat“ dem geselligen Beisammensein gewidmet war. Eine Aachener Band unter Leitung von HP Schüller (mit engen Verbindungen zum Flugplatz) gab dem Ganzen einen schönen, musikalischen Rahmen.

Am nächsten Morgen trafen sich viele Teilnehmerinnen zu einer Stadtführung durch die Innenstadt. Rundum war es ein schönes Treffen mit spannenden Themen,  vielen informellen Gesprächen und Kontakten, vorbereitet von Sybille Krumnacher, Angelika Rebischke und Katja Roshanian. Einen herzlichen Dank dafür!

Im nächsten Jahr wird das Hexentreffen in Dresden stattfinden.