Reisebericht Sommertour 2022 der MotKo / UlKo

Text: Dr. Bianca Kruse / Fotos: Volker Engelmann

Reisebericht Sommertour 2022 der MotKo / UlKo

Veröffentlicht von , 24. August 2022

Text: Dr. Bianca Kruse / Fotos: Volker Engelmann

Endlich war es wieder so weit: Am 3. Juni startete die diesjährige Sommertour Motorflug- und Ultraleichtflugkommission des AEROCLUB|NRW. Es ging nach Skandinavien – von Deutschland aus flogen wir nach Dänemark, Norwegen, Schweden und von dort aus wieder zurück nach Hause.

Tag 1: 3. Juni

Eine bunte Truppe aus fünf UL-Flugzeugen sowie fünf Echoklasse-Fliegern und einem Motorsegler mit Pilot:innen (und Flugschüler:innen!) aller Altersklassen und Erfahrungsstufen kamen in EDXJ Husum zusammen. Es wurden zwei Formationen gebildet, in denen es weiter nach EKSN Sindal in Dänemark ging. Wie bei grenzüberschreitenden Flügen üblich musste mindestens eine Stunde vor Einreise ein Flugplan aufgegeben werden. Für den Einflug mit UL nach Dänemark wurde außerdem eine (am besten 14 Tage vorher anzufragende) Einfluggenehmigung benötigt.

Fazit Tag 1: Die deutsche Aussprache von dänischen Ortsnamen ist schwierig, kein Däne findet einen in „Sindaaal“, weil es wohl „Sindäääl“ heißt (oder so ähnlich).

Tag 2: 4. Juni

Am zweiten Tag ging die Reise von Sindal nach ENCN Kjevik/Kristiansand. Wir flogen über das Skagerrak in FL 90 und wählten einen Kurs entlang der Schiffsrouten, um bei einer Notwasserung besser gesehen zu werden. In Kristiansand wurden wir für die Zollkontrolle mit einem Bus quer über das Flugfeld gefahren, der eigentliche Zoll bestand in einem Parcourslauf entlang abgesperrter Bahnen durch das Flughafengebäude, die Zollbeamten wünschten uns einen schönen Tag, und das war’s.

Von Kristiansand ging es dann an der Südwestküste entlang über Lista an Haugesund vorbei nach ENSO Stord Sørstokken. Dort wurden wir vom örtlichen Flygclubb und dem Präsidenten der norwegischen UL-Vereinigung bereits erwartet und sehr nett mit Pizza und Getränken begrüßt. Zum Hotel flogen wir noch eine halbe Stunde nach ENBR Bergen weiter. Das Hotel befand sich in unmittelbarer Nähe zum Flughafen, wir wurden mit einem riesigen Gelenkbus über das Gelände gefahren.

Für den Einflug mit einem UL nach Norwegen war ebenfalls eine Einfluggenehmigung erforderlich. In Norwegen war außerdem ein ICAO Level vorgeschrieben. Es war aber möglich, eine Genehmigung unter dem Vorbehalt zu bekommen, dass die Piloten ohne ICAO Level ausschließlich in einer Formation unter der Führung eines Piloten mit der benötigten ICAO Language Proficiency fliegen.

Fazit Tag 2: Der Controller in Kjevik empfand die M-Formation als „very professional and easy to handle“. Die E-Formation wurde verabschiedet mit den Worten: „Ihr seht schön aus beim Abflug!“ („What a beautiful sight.“)

Tag 3: 5. Juni

Von Bergen ging es zurück nach Stord, um von hier aus zu einer geführten Tour durch die Fjorde aufzubrechen. Organisiert hatte das Sigurd, der Präsident der UL Vereinigung. Der Flug ging von Stord über Ripel i Omvikdal (170 m Graspiste! Privatplatz des Präsidenten mit eigener Aeroprakt A32 und kleiner Yacht) zum Turning Point bei Eidfjord und dann nach ENBM Voss Bømoen. Der Flug war anspruchsvoll, aber wirklich atemberaubend. Der Flugplatz in Voss Bømoen lag im Nirgendwo, trotzdem war dort sehr viel los. Es gibt dort eine große Fallschirmspringer-Community. Wie bei vielen anderen kleineren Plätzen in Norwegen kann und sollte man sich vorher über https://myppr.no anmelden, denn neben der PPR-Anmeldung finden sich dort auch Detail-Infos zu den Plätzen. Im Falle von Voss Bømoen beispielsweise liegt die Platzunde im Süden, während der Bereich nördlich der Piste streng freizuhalten ist, denn dort landen ständig Fallschirmspringer. Solche Informationen sind z. B. über SkyDemon nicht erhältlich. Die Dokumente auf myppr.no liegen nur auf Norwegisch vor, aber das Übersetzen mit dem Smartphone ist problemlos möglich, weil fast überall in Norwegen perfekte Internetabdeckung herrscht.

Die Nacht verbrachten wir in ENKL Klanten, der Flug dorthin führte uns über schneebedeckte Bergspitzen und ausgedehnte Gletscherflächen – wirklich beeindruckend. Unser Hotel für die Nacht war ein Ski-Resort mitten in der Natur mit sehr gutem Essen und Live-Musik, ein perfekter Ausklang für einen perfekten Tag.

Fazit Tag 3: Vor Gletschern, schneebedeckten Gipfeln und bewaldeten Hängen sind rote und gelbe Flugzeuge (wie die unserer Tour Guides) deutlich besser sichtbar als weiße oder dunkle Flieger – ein unschätzbarer Vorteil in engen Situationen. Die Natur in Norwegen ist atemberaubend. Ich habe bisher nichts Vergleichbares gesehen. Allerdings gibt es wenige bis keine Notlandefelder und in weiten Teilen auch keinerlei Infrastruktur. Man sollte also eine Notration dabeihaben sowie Zelt, Schlafsack, wetterfeste Kleidung und Schuhwerk– dress for egress! Außerdem sollte man mit FIS fliegen, auch unterhalb des kontrollierten Luftraums, und einen ELT oder PLB an Bord haben, damit man gesehen und – im worst case – schneller gefunden wird.

Tag 4: 6. Juni

Die Reise ging heute weiter von ENKL Klanten nach ENKJ Kjeller in der Nähe von Oslo. Anders als im Rest von Norwegen wurde hier die air-to-air-Frequenz 122.000 sehr aktiv von allen anderen Pilot:innen im unkontrollierten Luftraum benutzt. Der Luftraum war sehr stark frequentiert, und wir hatten mit Funk, Navigation und Luftraumbeobachtung auf diesem Flug wirklich viel zu tun.

Fazit Tag 4: Funkdisziplin ist in vielbesuchten Regionen wie um Oslo sehr wichtig, ein ICAO Level und Funksprechroutine ebenfalls.

Tag 5: 7. Juni

Heute verbrachten wir einen Tag in Oslo, schauten uns die Stadt an und machten eine Bootstour durch den Hafen und den Oslo-Fjord. Der Commander machte dort eine Umschulung vom Piloten zum Kapitän.

Fazit Tag 5: Der Commander kann nicht nur Air Force, sondern auch Navy.

Tag 6: 8. Juni

Die Reise ging weiter von ENKJ Kjeller nach ESGK Falköping in Schweden. Für den Einflug war wie üblich ein Flugplan erforderlich, aber im Gegensatz zu Dänemark und Norwegen durften auch ULs ohne weitere Genehmigungen einfliegen. Aufgrund des Wetters mussten die M-Formation und die als „Späher“ eingesetzte TB20 zunächst nach ESGL Lidköping diverten und flogen von dort aus nach Falköping weiter. In Falköping waren MoGas und AvGas erhältlich. Die E-Formation tankte unterwegs im strömenden Regen in ENRK Rakkestad – Regenschirme als Tankschutz inklusive.

Fazit Tag 6: Auf kleineren Flugplätzen in Schweden werden kaum Start- oder Landegebühren erhoben – welcome to Sweden!

Tag 7: 9. Juni

Von ESGK ging es über ESMI Sjöbo Sövde und ESME Eslöv nach EDCG Rügen. In ESME ist self-service-Tanken möglich (Jet A1, AvGas 100LL, Hjelmco 91/96 UL).

Die Echo-Formation flog nun zur Insel Bornholm. Dort angekommen, ließ sich die Küste in einem Fußmarsch von 40 Minuten erreichen. Dort ist man spektakulär unmittelbar im Endanflug auf den Flughafen, nur unweit vom Flugplatzgelände. Kurze Zeit später ging es dann schon weiter. Die Pferde wurden gesattelt gen Rügen. Hier nun recht gutes Wetter. Zunächst über die offene Ostsee, über unglaubliche Off-Shore-Windparks hinweg. Sicherlich bei schlechtem Wetter ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor. Etwas, das man so auf See nicht erwarten würde, hätte man es nicht mit eigenen Augen gesehen.
Dann tauchte Rügen am Horizont auf. Wunderschöne Steilklippen und grüne Landschaft „on top“.

Fazit Tag 7: Süd-Schweden ist wunderschön und erstaunlich flach. Bei der tiefen Ceiling während unseres Fluges war das von Vorteil, in Norwegen hätten wir so gar nicht fliegen können.

Tag 8: 10. Juni

Von Rügen ging es für uns und zwei weitere Maschinen über EDVM Hildesheim wieder nach Hause, während andere Teile der Formationen noch einen Tag an der Ostsee verbracht haben.
Der Rest erkundete am nächsten Morgen die Insel entlang der Küsten. Neben der tollen Insel besticht der Flugplatz Peenemünde, den man unbedingt besucht haben muss. Neben dem Platz ist das Museum mit der Raketentechnik sehr sehenswert.

Tag 9: 11. Juni

Rückflug durch die Kontrollzone Hamburg, „Sierra Romeo Formation fliegen Sie Linkskreis. Vor Ihnen kreuzt Airbus A380. Nach dem Airbus folgen Sie der Elbe, Vorsicht Wirbelschleppen!“ Vorbei an Hafen, Elbphilharmonie, Airbuswerken – Kontrollzone verlassen.

Fazit Tag der Tour

Es war eine sehr schöne Tour mit vielen atemberaubenden Eindrücken und fliegerischen Momenten. Wenn Piloten mit unterschiedlichen Skills zusammenkommen, dauert es zwei bis drei Tage, bis sich die Formationen wirklich zusammenfinden und alles funktioniert. Durch den Austausch untereinander lernt man eine Menge über Flugvorbereitung, Vorflugkontrollen, Flugpläne und Fliegen in einer Formation. Rücksichtnahme und Teamgeist waren vorbildlich, obwohl die Herausforderungen der Tour sicherlich manchem Piloten einiges abverlangt haben. Vielen Dank dafür! In Skandinavien ist die Einstellung zum Fliegen sehr liberal. Fliegen ohne Flugleiter ist die Regel. In Schweden wird an kleinen Plätzen oft keine Start- oder Landegebühr erhoben. Es ist nicht überall Treibstoff erhältlich, Faltkanister sind eine super Erfindung. Vor allem MoGas ist oft schwer zu bekommen, sodass wir UL Flieger öfter AVGAS tanken mussten. Zum Anflug internationaler Flughäfen sowie für den Grenzübertritt war ein Flugplan erforderlich, der mindestens eine halbe bzw. eine Stunde vor Abflug aufzugeben war. In Westskandinavien war es trotz sonnigen Wetters sehr windig und kühl. Durch die Ausrichtung der Plätze stand der Wind allerdings sehr oft auf der Bahn und stellte somit für Starts und Landungen kaum ein Problem dar. Essen und Unterkünfte sind in Skandinavien teuer. Norwegen führt die Liste unangefochten an, gefolgt von Schweden und Dänemark. Ein Geldumtausch ist nicht nötig, Kreditkarten werden überall akzeptiert. Sogar Euro-Bargeld (wenn auch zu einem ungünstigen Kurs) ist oft möglich.Alles in allem war es eine sehr schöne Tour, alle sind gut gelandet und werden jetzt sicherlich ein paar Tage brauchen, um die vielen neuen Eindrücke zu verarbeiten.

Wir freuen uns schon auf das nächste Jahr – nach der Tour ist vor der Tour! Vielleicht fliegen wir aber doch in etwas wärmere Gefilde?

LINK

European Microlight Federation (EMF): MLA flying in Europe