Dr. rer. nat. Siegfried Baumgartl

*5.10.1935               21.12.2022

Wir sind tief bestürzt über den Tod von Sigi Baumgartl. Mit Sigi haben wir einen wertvollen Menschen verloren, der sich immer zuverlässig und mit ganzem Herzen für den Segelflugsport eingesetzt hat. Mit diesem Nachruf möchten wir Sigi in bester Erinnerung behalten und ihm die letzte Ehre erweisen.

Sigi Baumgartl hat sich schon früh selbstständig durchs Leben gekämpft. Er war nicht nur Elektriker und LKW-Fahrer, sondern ein sehr wissbegieriger Mensch mit vielen Ideen. Seine Willensstärke, Dinge zu verstehen und logisch nachzuvollziehen, war unbeschreiblich. Durch sein Streben und seine disziplinierte Arbeitsweise erlangte er den Dr. rer. nat. Promotionstitel. In der Stahlindustrie und später in der Forschung der Thyssen AG im Spezialgebiet der Elektronenstrahl-Mikroanalyse fand er den Ankerpunkt sich beruflich zu entwickeln. Hier war Sigi Laborleiter und Leiter von internationalen Forschungsprojekten in der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl.

Im Segelflug hatte Sigi eine ideale „Verschmelzung“ der Faszination im Spiel mit den Wolken und den logischen, physikalischen Abläufen gefunden. Sein Cockpit der ASW 17 sah aus, wie ein analytisches Labor. Hier waren alle Instrumente versammelt, die, damals nur mit analoger Technik, alle Abläufe berechnen und anzeigen konnten. Sigi hat mit diesen Berechnungen den Grundstein für die heutigen modernen und in jedem Flugzeug etablierten Rechner-Systeme gelegt. Schon früh in den 70/80-iger Jahren hatte er hierzu Gespräche und Diskussionen mit den damaligen Herstellern von Variometern geführt. So können wir heute z. B. den Kreisfluganteil und die mittlere Reisegeschwindigkeit im Flug nutzen.

Sigi hatte die fast einzigartige Begabung, meteorologische Effekte und die Physik im Segelflug mit eigens aufgestellten mathematischen Funktionen zu beschreiben. Es resultierten hieraus unzählige Berichte und Artikel z. B. „Dreiecksflüge unter Windeinfluss“. Sein Wissen konnte er wunderbar in Vorträgen vermitteln. Meist waren die Zuhörerinnen und Zuhörer gefesselt von dem, was Sigi berichtete und an Erfahrung weitergab.

Sigi strebte nach vielen Zielen. Was immer er sich vornahm, erreichte er. Ob es die Disziplin des Streckensegelfluges oder der Geschwindigkeitsvergleich in Wettbewerben war – Sigi war überall ganz vorne dabei. Ungezählte Male war er Landesmeister, mehrmals Deutscher Vizemeister und oft auf dem „Treppchen“ bei Europameisterschaften. Die Krönung des Langstreckensegelfluges war der legendäre Weltrekordflug mit einer ASK 13 (1972). Dieser Weltrekordflug war ein Meilenstein nicht nur für den Sport in NRW, sondern auch für die Stadt Dinslaken. Die hierdurch ausgelöste Förderung des Segelfluges durch die Stadt Dinslaken, waren zwei Segelflugzeuge: eine ASW17 und eine ASW15.

Sigis herausragende Leistungen waren ebenso der mehrfache Gewinn des „Barron-Hilton-Cups“. Mit 12 deutschen Klassen-Rekorden und vielen Weltbestleistungen unterstrich er immer wieder sein Können. Viele dieser Erfolge sind bis heute gültig. So z. B. der Weltrekord über 750 km mit einer Schnittgeschwindigkeit von 155,7 km/h. Die Anerkennung all dieser Leistungen wurde Sigi in vielen Medaillen und Ehrungen zuteil. Von der Daidalos Medaille 1973 bis zur letzten Ehrung in seinem Leben, der Goldenen Ehrennadel des AEROCLUB | NRW, hat Sigi die höchsten Auszeichnungen für seine einzigartigen Leistungen verdient erhalten.

Beispielslos engagierte er sich dafür, das Segelfliegen sicherer zu machen. Schon in den 70iger Jahren brachte er die Vorflug-Checkliste in die Vereine. Dem Ziel, das Fliegen sicherer zu machen, widmete er einen Großteil seiner Zeit und seines Engagements. Dafür gewann er 2020 den Flugsicherheitspreis des Luftsportmagazins. Seine Devise war immer: wenn wir es nicht machen, macht es keiner. So war mit Sigi in vielen Fachgremien immer ein Physiker mit an Bord, der andere perspektivische Ansichten lieferte und dies immer mit strukturierten Analysen.

Die Förderung von jugendlichen Talenten, lag Sigi sehr am Herzen.  Die Erfolge waren hierbei erstaunlich und brachten Jugendliche bis in die Weltspitze zu Weltmeisterschaften und Nationalmannschaften.  Das Transportieren von Wissen in die heranwachsenden Generationen erfüllte ihn mit Stolz. In vielen Vorträgen lieferte er innerhalb der A-, B-, C- und D-Kader oftmals die Theorie und die Erklärung zu dem, was meist empirisch berichtet wurde.

Sigi hat die Welt aktiv mitgestaltet und gezeigt, was möglich ist, wenn man es will. Er hat unser Leben bereichert.

Wir werden ihn vermissen, aber nie vergessen!