Mission Slowakei: Ein Reisebericht

Mission Slowakei: Ein Reisebericht

Veröffentlicht von , 13. November 2013

Andreas Daube und Jochen Meyer

Mit dem Motosegler zu Besuch bei Verwandten im „Außendienst“

Mein Freund Andreas und ich, beide Segelflieger, hatten Urlaub geplant: Wegfliegen wollten wir; bloß wohin? Im August schwappte ein Hochdruckgebiet von Westen her über ganz Deutschland und breitete sich bis in den tiefen Südosten Europas aus. Nun war uns das Ziel klar: „Nach Süd-Osten, in die Slowakei, die Jungs besuchen!“ Andreas‘ Neffe Bastian studiert zurzeit in der Stadt Martin im Norden der Slowakei. Mein Sohn Lukas macht ein Freiwilliges Soziales Jahr im Süden des Landes, in einer Stadt namens Komárno.
Das Spannende am Fliegen im Reisemotorsegler ist, dass man das Flugzeug beherrschen muss: Das Starten und Landen auch unter schwierigeren Bedingungen wie Seitenwind oder auf kurzen Pisten gehört zum Handwerkszeug, aber auch das Kurs halten und Navigieren, das sichere Fliegen und das Funken mit Flugverkehrskontrollstellen gehören dazu.
Wir kauften die passenden Luftfahrtkarten, prüften den Zustand des Motorseglers, beluden ihn mit Zelt, Isomatten und Schlafsäcken und besorgten uns die aktuellsten Wetterinformationen. Etwas Spannung aber blieb: Wie wird das Fliegen und Funken im ausländischen, uns unbekannten Luftraum werden? Wo werden wir zwischendurch unterkommen? Wird es eher bürokratisch oder leicht sein im Umgang mit den Behörden?

Es geht los

Am ersten Tag fliegen wir von Aachen-Merzbrück über die Nordeifel, den Rhein und Odenwald nach Burg-Feuerstein bei Bamberg. Bei 160km/h Höchstgeschwindigkeit brauchen wir etwas über zwei Stunden. Es tut gut, einmal die Beine auszustrecken, weil die Sitzposition im Motorsegler doch recht eingeengt ist. Doch erschöpft sind wir noch nicht. Deshalb gibt es für uns noch eine Cola, dann geht es in einer weiteren Flugstunde nach Vilshofen in der Nähe von Passau. Der Flugplatz liegt direkt an der Donau, gegenüber der Stadt Vilshofen. Wir fliegen über den Fluss an, landen, tanken auf und stellen den Flieger zwischen Landebahn und Donauufer ab. Die Flugplatzbetreiber sind sehr freundlich und wir dürfen unser Zelt unter dem Flügel unseres Motorseglers aufstellen. Zu Fuß über die Donaubrücke in die Stadt sind es nur fünf Minuten. Es erwarten uns leckeres Essen im Gasthof und eine erste ruhige Nacht im Zelt zwischen Flugzeug und Donau. Es ist alles perfekt!
Der zweite Tag beginnt mit einem wunderschönen Flug über Passau: Der Bayrische Wald leuchtet in der Sonne im satten Grün, die Skyline von Linz zieht vorbei und wir kommen in die flachere Gegend nördlich von Wien. Nach fast zwei Stunden landen wir auf dem Segelflugplatz Spitzerberg östlich von Wien nahe des Neusiedler Sees. Hier tanken wir auf, erst der Flieger, dann wir.

Slowakei – Ziel eins

Unser Tagesziel ist die slowakische Stadt Martin, wo Andreas‘ Neffe Bastian uns erwartet. Wir geben einen offiziellen Flugplan auf und planen, über Bratislava nach Norden ins Bergland der Slowakei zu fliegen. Nach dem Start nehmen wir Funkkontakt mit dem Lotsen des Flughafens von Bratislava auf. Er erlaubt uns, quer durch seine Kontrollzone direkt an der Stadt und der Landebahn seines Flughafens vorbei zu fliegen! Das ist beeindruckend: Bratislava erscheint als Mix aus alten Bauten und modernen Siedlungen, die Donau ist hier sehr mächtig und die Piste des Flughafens erscheint für unseren kleinen Flieger viel zu groß.

Martin im Norden der Slowakei

Martin im Norden der Slowakei

Wir erreichen das Bergland und den Segelflugplatz von Martin. Mit Bastian, Andreas’ Neffe geht es zu Fuß in die Stadt und wir verbringen den Abend mit seinen Freunden in der Gaststätte.
Martin ist eher eine Kleinstadt am Fuße der kleinen und großen Fatra und beherbergt die slowakische Nationalbibliothek. Außerdem gibt es viele ausländische Studenten, die Atmosphäre ist offen und locker, die Leute sehr freundlich. Am nächsten Morgen verabreichen wir Bastian einen Rundflug über seine zeitweilige Heimat. Wieder ist schönstes Wetter, und Bastian zeigt mir aus der Luft die Stadt, die Bibliothek und die Universitätsgebäude. Die um das Tal herum aufragenden Berge der Fatra geben eine beeindruckende Kulisse.
Noch am Vormittag verabschieden wir uns und fliegen in gut einer Stunde nach Komárno im Süden der Slowakei. Unterwegs teilen wir uns den Luftraum mit einigen Segelfliegern. Wir haben das Gefühl, dass der Segelflugsport in der Slowakei lebt! Daher halten wir die Augen auf und passen auf, dass wir uns nicht in die Quere kommen.

Der Agrarflugplatz von Komárno

Der Agrarflugplatz von Komárno

Slowakei – Ziel zwei

Im Süden des Landes wird die Landschaft wieder flacher. Unsere alte Bekannte, die Donau, ist auch wieder da.
Bei der Stadt Komárno ist kein aktiver Flugplatz, aber ein verwaister Agrarflugplatz mit 400 Metern Betonpiste. In den ehemaligen Flugplatzhallen ist jetzt eine Düngemittelfabrik. Wir hatten in Erfahrung gebracht, dass man dort trotzdem landen dürfe.
Auf der anderen Seite der Fabrik finden wir einen Bahnhof. Eine schöne alte SKODA-Lok zieht den Zug und bringt uns in zehn Minuten Fahrzeit mitten in das Zentrum von Komárno. Mein Sohn Lukas erwartet uns schon am Bahnhof.
Die Stadt hat einen schönen alten Stadtkern, am Stadtrand befinden sich Plattenbauten. Lukas wohnt in der Platte, direkt an der Donau. Die Aussicht ist geprägt von Schiffskränen, Werfttürmen und –gebäuden. Eine Besonderheit des Ortes ist, dass er in der Slowakei liegt, aber die Mehrheit der Bewohner sich ungarisch fühlt und auch Ungarisch spricht. Eine sehr schöne alte Stahlbogenbrücke verbindet Komárno mit dem ungarischen Komárom auf der anderen Seite der Donau.
Am nächsten Morgen stehen wir früh auf: wir wollen unseren Heimflug vorbereiten. Wir müssen einen Flugplan aufgeben, in dem wir unsere Flugplanung den Behörden darlegen und genehmigen lassen. Das geht heutzutage bequem online, muss aber eine Weile vor Antritt des Fluges erledigt werden.
Wir machen das während des Frühstücks, und prompt teilt uns der Fluglotsen in Bratislava per Handy mit, dass der Plan so genehmigt sei. Wir sind vom Service der slowakischen Luftfahrtbehörden begeistert!

Der Europaplatz in Komárno

Der Europaplatz in Komárno

Rückreise

Nun folgt die bekannte Reise in umgekehrter Richtung: Über Komárno drehen wir noch eine Runde und erkennen die Orte, an denen wir waren, gut wieder. Über Funk aktivieren wir unseren Flugplan und stehen mit einem Lotsen in Bratislava in ständigem Fluginformations-Kontakt. Navigatorisch haben wir es leicht: Wir fliegen einfach die Donau entlang, passieren Bratislava und überfliegen die Grenze nach Österreich. Dort müssen wir noch kurz zur Wiener Fluginformationsfrequenz umschalten, nachdem wir uns von den slowakischen Lotsen verabschiedet haben. Wir haben eine ganz andere Stimmung als auf dem Hinweg: Die Orte und der Reiseweg sind uns jetzt bekannt, und wir haben nun den Abschluss unserer Reise vor Augen. Das ist zwar weniger spannend, macht aber auch Spaß, weil wir ja fliegen dürfen und das Wetter immer noch recht schön ist.
Es geht an Straubing, Regensburg und Nürnberg vorbei wieder nach Burg Feuerstein, und von dort weiter über Bamberg, Schweinfurt und den Spessart. Wir fliegen in absolut ruhiger Luft der untergehenden Sonne entgegen, in den Bergfalten des Spessart liegen Nebel- und Dunstbänke, die unsere Aussicht aus dem Motorsegler gespenstisch und wunderschön zugleich machen. Erfüllt von diesen Eindrücken landen wir nach zwei Stunden Flug in Gelnhausen.

An der Donau entlang

An der Donau entlang

Als der Flugplatz offiziell öffnet, sind wir direkt in der Luft und nehmen Kurs in Richtung Nordwesten. Wir fliegen mit einigem Gegenwind nördlich an Frankfurt vorbei, passieren Limburg an der Lahn, lassen Koblenz links vorbeiziehen und treffen bei Neuwied auf den Rhein. An Bonn vorbei und über Düren kommend erreichen wir das Aachener Autobahnkreuz, wo der Flugplatz Aachen-Merzbrück liegt. Wir landen genau zum richtigen Zeitpunkt, denn kurz darauf prasselt es auf uns herab. Am Dienstag erst waren wir losgeflogen, am Samstagmorgen sind wir schon zurück, doch es fühlt sich an, als seien wir viel länger unterwegs gewesen. Es ist die Flut vieler schöner und auch spannender Momente, die unsere Reise so intensiv macht, dass wir noch lange davon zehren können!

Sonnenuntergang in Gelnhausen

Sonnenuntergang in Gelnhausen

Interessenten an unserem Verein und den Möglichkeiten, den Reisemotorsegler zu fliegen, können gern am Wochenende zu uns ins Clubheim kommen und sich vor Ort informieren. Weitere Kontaktmöglichkeiten gibt es über unsere Website www.luftsportvereinaachen.de.