Traditionelles Workshop jugendlicher Wettbewerbspiloten am Segelflug-Landesleistungsstützpunkt Dinslaken Schwarze Heide

Traditionelles Workshop jugendlicher Wettbewerbspiloten am Segelflug-Landesleistungsstützpunkt Dinslaken Schwarze Heide

Veröffentlicht von , 18. Mai 2016

Die Teilnehmer kamen aus dem Kreis des D-Kaders und anderer leistungsflug- orientierter Piloten aus dem AEROCLUB | NRW. Wie in den Vorjahren waren es Teilnehmer bei Qualifikationsmeisterschaften und Deutschen Meisterschaften der Junioren. Das Treffen fand am 8. März von 10 bis 18 Uhr statt. Das Spektrum der Themen reichte von der Vorbereitung von Wettbewerben, über die facettenreiche Technik des Streckensegelfluges, bis zur Nachbereitung von Wettbewerben.

Die bei der Einladung mitgeteilten Themen entsprachen denen der Vorjahre und wurden durch neue Themen ergänzt (siehe „Stichworte zum Workshop- bzw. Seminarinhalt). Die Lerninhalte wurden sowohl in Form eines Workshops als auch durch Vorträge vermittelt. Die Kenntnisse beziehungsweise Erfahrungen der sportlich orientierten Teilnehmer reichten vom Einsteiger mit 18 Jahren bis zu den mit Preisen ausgezeichneten D-Kadermitgliedern mit 25 Jahren. Infolge dieser Unterschiede von Erfahrung und Wissen der Teilnehmer wurde einerseits die Neugierde beflügelt und man war andererseits angeregt, Erklärungen abzugeben bzw. zu diskutieren. Somit ergab sich eine lebhafte Ergänzung zwischen „Jung und Alt“ bzw. „Anfänger und Profis“. Am Ende einer Lerneinheit wurde jeweils ein Fazit gezogen, auf das man sich einigen konnte. Das Ergebnis einer Lerneinheit ist Teil des mentalen Trainings, mit dessen Hilfe das Erlernte in den verschiedenen Situationen der Flugpraxis abrufbar bzw. anwendbar werden soll.

Aber dieser Prozess ist in den meisten Fällen nur schwer in Gang zu bringen. Denn aus der neueren Lehre zu Entscheidungen weiß man, dass 80 Prozent der laufend stattfindenden Entscheidungen eines Menschen aus dem Unterbewussten, also emotional, gesteuert sind. Somit bleiben nur 20 Prozent der Entscheidungen übrig, die der Mensch bewusst steuern kann. Auf den Segelflugpiloten übertragen ergibt sich damit, dass er nur jede fünfte Entscheidung bewusst steuern kann. Alle anderen Entscheidungen werden durch seine kognitiven Eigenschaften gesteuert und emotional ausgeführt. So gesehen, steht der Einfluss des Erlernten dem nicht bewussten Einfluss der kognitiven Eigenschaften eines Piloten gegenüber. Die kognitiven Eigenschaften können auch als Talent für eine bestimmte Disziplin angesprochen werden.

Will ein Pilot seine segelflugsportliche Leistung verbessern, dann kann er mit Hilfe der erlernten Techniken und in Verbindung mit dem mentalen Trainings bis zu 20 Prozent seiner Entscheidungen ändern. Diese sind logischer und heuristischer Natur. Die übrigen 80 Prozent der Entscheidungen werden durch die Veranlagung bestimmt.

Die Teilnehmer konnten im Vorfeld einen Fragebogen zur Selbstbeurteilung ausfüllen, wie es sich auf Bundesebene bei dem C-Kader bewährt hat. Mit diesem vom Trainer entgegengenommenen Fragebogen kann einerseits eine Gewichtung der Workshop-Themen vorgenommen werden und andererseits ein persönliches Gespräch mit dem Piloten stattfinden.

Die Techniken zum Mentalen Training werden beim Leistungsegelflug in den letzten Jahren zunehmend gelehrt. Sie spielen in der allgemeinen Lehre des Sportes eine wichtige Rolle. Mit ihnen sollen nicht nur bessere sportliche Ergebnisse erzielt werden, sondern sie sind auch helfend beim Abbau von Stress und bei der Flugsicherheit.

Ziele eines mentalen Trainings für den Segelflug sind beispielsweise:

  • eine perfekte Flugvorbereitung im Kopf
  • Vermeidung von Blockaden im Flug
  • Abrufen des eigenen Talentpotentials unter allen Umständen und Rahmenbedingungen durch optimale Selbstregulation
  • Stabilisierung und Optimierung der persönlichen Leistung

Wortschlüssel, wie FORDEC in der kommerziellen Luftfahrt, dienen als Werkzeuge in verschiedenen Situationen des Streckenfluges.

Checklisten, die laufend während des Fluges aufgerufen werden, finden Anwendung, zum Beispiel:

  1. Wann bin ich wo und wie hoch?
  2. Kursabweichung?
  3. Wie schnell soll ich fliegen?
  4. Welches Steigen erwarte ich?
  5. Wie hoch soll ich jetzt steigen?
  6. Welche Landefelder oder Flugplätze?
  7. Andere Flugzeuge?
  8. Chance zu Risiko?

Eine andere Checkliste erinnert z. B. halbstündlich:

  1. Soll ich mein Ziel ändern?
  2. Wie ist die Wettersituation?
  3. Akkuladung?
  4. Instrumente?
  5. Wasserballast?
  6. Bin ich entspannt?
  7. Essen und Trinken?

Teamflug ist ein essentielles Thema für den Streckensegelflug in allen Stadien. Dazu gehören Anfänger nach der PPL-Prüfung, ebenso wettbewerbsmäßiges Fliegen aller Art. Teamfliegen und Fliegen im Doppelsitzer erschließt den meisten Segelfliegern neue Dimensionen, insbesondere bei den Piloten, die einen gewissen „Respekt“ vor dem Streckensegelflug haben. Dazu gehören nach Umfragen immerhin 30 bis 70 Prozent, abhängig von den Kriterien, die dabei angelegt werden.

In den meisten Fällen wird Teamflug ohne Absprache von Regeln bzw. einer Phraseologie, wie in der kommerziellen Luftfahrt üblich, betrieben. Das führt zu Missverständnissen und wenig Effektivität. Aus diesem Grund wurden, wie auch früher, „Vereinbarungen zum Teamflug“ in das mentale Training einbezogen. Dazu gibt es seit einigen Jahren eine schriftliche Vorlage, die von den Teampartnern besprochen und vereinbart wird.

Im letzten Jahr wurde eine erfreuliche Entwicklung in NRW durch eine wesentlich zugenommene Anzahl qualifikationswilliger Segelflieger festgestellt. So meldeten sich im vergangenen Jahr 50 Piloten (innen) aus NRW (bundesweit 130) für die Qualifikationswettbewerbe, wovon dann ein Teil zu den Deutschen Meisterschaften in diesem Jahr qualifiziert ist. Damit sind die NRW-Junioren proportional zu den NRW-DAeC-Mitgliedern (24 Prozent) für die Meisterschaften qualifiziert.

Am Schluss hat jeder Teilnehmer seine Meinung zu dem achtstündigen Treffen, eingeteilt in „gefällt und gefällt nicht“ schriftlich festgehalten und der Runde mitgeteilt. Man kam zu dem Ergebnis, das jährliche Treffen fortzusetzen. Einige meinten, mit einer Ausdehnung auf zwei Tage wäre der vielfältige Stoff noch besser zu bearbeiten.

Stichworte zum Workshop- bzw. Seminarinhalt:

Nachlese von Wettbewerben mit den daraus erhaltenen Erkenntnissen. Umsetzung Erfahrungen für weitere Wettbewerbe; Erwartungen bei einem Wettbewerb; Verschiedene Checklisten zur Vorbereitung, zum Tagesablauf, vor-, während- und nach dem Flug; Wettbewerbsordnung (WBO); Anti-Doping; Flugtaktik unter Berücksichtigung der Bewertung nach Punkten der WBO; Entscheidungen als Segelflieger; Fragen zu Chance und Risiko; Teamflug; Umgang mit Navigationscomputern; Sicherheit beim Wettbewerbsflug; Wettbewerbstaktik, zum Beispiel AAT- Aufgabe; Optimierung der Reisegeschwindigkeit; Endanflüge auf der Strecke und zum Ziel; Selbstmanagement, Stressvermeidung, mentales Training; Verhalten bei Fehlern; Fragebogen zur Selbstanalyse.

Text: Sigi Baumgartl, Landestrainer |NRW
Foto: Conrad Gerte

Bildunterschrift zum Titelbild:
Teilnehmer des Seminars in den Thermikstuben der Flugsportgemeinschaft Schwarze Heide e.V., von links beginnend: Sigi Baumgartl, Felix Rommelaere, Michael Koch, Frederik Mensing, Max Schäfer, Fabian Krause, Max Mensing, Björn Gintzel, Josh Jarosch, Francois Ferenschütz, Lukas Esser, Nils Fecker, Julius Haußen, Marius Stelzer, Matthias Riemel, Lukas Brocker,