Einmal um Italien bitte

Text: Volker Engelmann, Vorsitzender Motorflugkommission und Tourleiter

Einmal um Italien bitte

Veröffentlicht von , 30. Juli 2019

Text: Volker Engelmann, Vorsitzender Motorflugkommission und Tourleiter

Ein Bericht über die diesjährige Sommertour der Motor- und Ultraleichtflugkommission NRW

Wer kennt sie nicht, die wohl mit markanteste geografische Analogie zu unserem bekannten Fußkleid: Der Stiefel – Italien. Auf der Landkarte einfach zu erkennen, hatte das Land Italien schon immer eine große Identifikation mit dem besonderen Geländemerkmal. Wer konnte nicht bereits in den ersten Erdkunde-/ Geografiestunde schon Italien auf der sonst eher wenig sagenden Karte zeigen?

Die Motorflug- und Ultraleichtflugkommission hatte genau diesen besonderen Weg des Stiefels als ihr Ziel auserkoren. Neben den fliegerischen Erfahrungen der ganz besonders abwechslungsreichen Topografie sollte auch das Land mit den Menschen erkundet werden.

So machten sich am 5. Juni dieses Jahres 21 Flugzeuge auf den Weg des ersten Etappenzieles – Bayern. Genauer gesagt zunächst Manching als Tankstop und dann der Luftwaffenstützpunkt Neuburg an der Donau mit dem Taktischen Luftwaffengeschwader 74. Michael und Katrin hatten sich um die „Erstversorgung“ unserer Gruppe in Manching genauso gekümmert und die Anlandung organisiert, wie eigentlich immer auf der gesamten Tour: perfekt! Nach diesem ersten Stopp erfolgte der Weiterflug nach Neuburg, durch Oberstleutnant d.R. Oliver Becker peinlichst genau koordiniert, um eine Behinderung der Eurofighter-Alarmrotte auszuschließen. Denn schließlich kommen nicht alle Tage so viele Privatmaschinen auf einen Fliegerhorst der Luftwaffe. Und die Alarmrotte muss ständig ungehindert operieren können.

Der Kommodore des Geschwaders, Oberst Thomas Früh, hatte es uns erfreulicherweise genehmigt, seinen Verband zu besuchen und das Geschwader zu besichtigen. Neben den ganzen Eindrücken, die sonst Zivilen Fliegern ehr verborgen bleiben, hatte sich der Reservedienstleistende Oli Becker Zeit und Muße genommen, uns neben dem Verband auch die Besonderheiten „Fliegen in den Alpen“ näher zu bringen. In sehr ansprechenden Vorträgen konnte er so die Besonderheiten der Militärfliegerei darlegen und auch aus seinem unglaublichen Erfahrungsschatz der Privatfliegerei in den Alpen die Risiken aufzeigen, die dort drohen können und unerfahrenen Piloten schnell zum Verhängnis werden können.

Mit sehr einprägsamen theoretischen Erfahrungen wurden am Nächsten Morgen, unmittelbar nach dem Frühstart der Eurofighter, die (Rotax und Lycoming-) Pferde gesattelt und die Theorie in die Praxis umgesetzt. Bei tollem Frühsommerwetter ging es früh morgens, vor den Gewittern, der Brennerroute folgend, durch die Alpen nach Trentino in Südtirol. Bei leichtem Fön konnte so jeder einmal die theoretisch vermittelten Kenntnisse in der Praxis erleben. Nachdem sich die Gruppen der unterschiedlichen Geschwindigkeiten kurz vor Trentino wieder trafen, ging der Tanz in den Böen los. Ein, durch eine Auffliegende Tür, herauskatapultiertes Handy konnte später mithilfe der „Handy-Suchfunktion“ unbeschadet in einem Weinberg wiedergefunden werden. Offensichtlich sind 3000`ft über Grund weniger gefährlich für solche Geräte als der Sturz vom heimischen Küchentisch kommentierte dieses gleich einer der Tour-Teilnehmer.

Aufgrund einer Luftnotlage des Tourleiters ging der Plan, wer wann landen sollte, auch einmal gehörig in die Hose… und doch schafften es alle sicher zu landen. Die unglaubliche Hilfsbereitschaft der Italiener, die sich während der gesamten Tour überall wieder zeigte, ließ die Ursache für den Leistungsverlust des Motors der DR 400 Regent zu Tage treten…. ein defekter Drehzahlmesser hatte durch seine falsche Anzeige schleichend die Drehzahl abfallen lassen…

Am nächsten Tag führte uns die Tour durch die Poebene -mit Frühnebel-geschuldeter, zwischenzeitlicher Unterbrechung an unterschiedlichen Plätzen – ans Mittelmeer nach Lucca LIQL.

Die Führungsmaschine musste in die Werft nach Luciano Sorlini, einem kleinen Platz am Gardasee mit dem größten Flugmotorenzentrum in Südeuropa. Mit 5 Technikern „stürzte“ man sich auf die Maschine, fertigte Messprotokolle, baute das Panel aus, suchte den richtigen Drehzahlmesser aus, brachte innenliegende neue Markierungen an und baute alles wieder ein… EASA Papiere ausstellen…usw… Ein unglaublicher Service, hochprofessionell und das alles, „mal eben so“, ohne Termin und – sofort!

In Lucca trennte sich die Gruppe zunächst, weil die langsameren Flieger gerne das „low and slow“ feeling der Toscana genießen wollte anstatt in einem „Höllenritt“ weiter bis Sizilien zu fliegen. Angeführt durch den Vorsitzenden der ULKO Christian Schücker mit seinem Kibitz tummelten sich so Kiebitz, C 42 und SF 25 in zentral Italien umher, währen der Rest der Gruppe, unter der Führung des Gesamtourleiters und Vorsitzenden der MOTKO Volker Engelmann, weiter gen Süden reiste.

Über Umbrien, ging es südlich Rom wieder an die Mittelmeerküste nach Sabaudia. Dort endete der drei Tag, bevor es am nächsten Tag, der Mittelmeerküste folgend, vorbei an Neapel und dem Vesuv, der Landspitze Sorrento und der vorgelagerten Insel Capri nach Salerno (LIRI) ging. Atemberaubende Ausblicke bei bestem Wetter ließen alle Fliegerherzen höherschlagen. Nach dem Auftanken führte uns der Tag noch nach Scalea (LICK). Hier, an der schmalen Stelle des Stiefels, kreuzten wir zunächst erst einmal an die Adriaküste, um in Sibary Fly zu nächtigen und der tollen Airshow beizuwohnen. Natürlich waren auch wir ein eigener Programmpunkt, die einfliegende Formation von Deutschen Luftsportlern auf dem Weg zur Erkundung Europas.

Am nächsten Tag ging es früh los, sollte doch heute das Ziel, der Ätna auf Sizilien, umrundet werden. Hierzu wurde zunächst die Flugroute über Lamezia, Vibo Valentia über Favazzina und Torre Faro, vorbei an Messina und Sparta, dem Capo d` Orlando nach Minotaurus e Medusa Flugplatz gewählt. In brütender Hitze wurde der Treibstoff für die MOGAS Flieger von der Tankstelle mit dem Taxi geholt, während der Großteil der Gruppe ein Bad im warmen Meer vor Sizilien genießen konnte.

Nach dieser tollen Erfahrung auf diesem „Feldflugplatz“, der ein wenig an Flugplätze in Afrika erinnerte, begann der Aufstieg der Formationen in Richtung Ätna. Mit einem entsprechenden Temperaturmanagement und der notwendigen Zeit, gelang es einigen, bis auf FL 120 zu steigen und einen Blick in den Krater zu erhaschen.

In der Abendsonne ging es zurück nach Sibary Fly, um im Sonnenuntergang vor der Kulisse der Berge zu landen. Björn, der bereits als Flugschüler diese Tour bestreitet, und schon früher gelandet war, weiß was sich gehört und bringt seinem Fluglehrer das Landebier ans Flugzeug… Crew Ressource Management at its best…!
Mission accomplished!

Am nächsten Morgen, dem 10. Juni geht es früh morgens hoch über die Berge, vorbei an Potenza, westlich entlang der Kontrollzone von Foggia über den Lago di Turano nach Serristori (LIQQ). In atemberaubender Schönheit liegt die Landschaft vor uns, die Abwechslung zwischen Hochgebirge und Meer ergibt unglaubliche Momente. Das zu erwartende schlechte Wetter im Alpenraum treibt uns so weit nach Norden wie möglich, um eine Wetterlücke zum Passieren der Alpen zu erhaschen.

Wenn schon warten, dann doch bitte in Venedig… Unser Plan ging auf. Nach einem wunderschönen Aufenthalt in Venedig konnten wir am Folgetagtag die Passage über Slowenien nach Feldkirchen/Österreich wagen. Wieder eine Wetterlücke nutzend, ging es dann nach Eggenfelden in Bayern, wo wir das Treffen mit der „Toscana-Crew alias „low and slow“ vereinbart hatten. Dort ankommend wurde gleich, am helllichten Tag, Willis Gitarre aus der Savage geholt und mit tollen Fliegerliedern angezeigt, dass die Nordrhein-Wandalen eingeflogen waren.

Nach insgesamt neun erlebnisreichen, unglaublich intensiven und fliegerisch lehrreichen Tagen traten wir am Folgetag die Rückreise nach NRW an und endeten im Sauerland, in Schmallenberg, unsere Tour.

 

Fazit

Das Ziel, neue Bereiche zu erfliegen, den Ätna zu umrunden und einmal um den Stiefel zu fliegen wurde vollends erreicht. Zwischen 25 und 32 Stunden reine Flugzeit, teils über 4500 Km, quer durch Europa, verschiedenste Orografie, unterschiedlichste Lufträume – und jeden Tag neu planen! Fliegerisch eine riesen Erfahrung für alle, organisatorisch wie immer eine maximale Herausforderung, die allen extreme Disziplin abfordert und dennoch einen Mega- Spaß bereitet hat.

Sommertour des AEROCLUB | NRW e.V. – Eines der letzten Abenteuer unserer Zeit. Sicher, lehr- und erfahrungsreich, verantwortungsvoll und freundschaftlich kennzeichnen die Besonderheiten der Tour am treffendsten.

21 Flugzeuge und 50 Personen – „mal eben so“ – unter einem Hut! Danke an alle, für die Disziplin, das Verständnis für die Notwendigkeit klarer Vorgaben und das Ertragen einer straffen Führung, – nicht selbstverständlich für zivile Sportflieger – aber essentiell für ein solches Projekt! Am Ende wollen wir alle von unserer Tour erzählen können…

Nach der Tour ist vor der Tour.

 

 

Logo der Touring-Gruppe

Das neue Logo unserer Touring-Gruppe zeigt im Mittelpunkt das, worum wir uns normal drehen – nämlich um unsere Vereine in NRW. Der Propeller steht symbolisch für das was uns verbindet, der motorisierten Luftsport. Die Spitzen, die Propellerblätter, die in unseren Landesfarben dargestellt sind, zeigen in Richtung unserer europäischen Sterne, stilisierend die Nachbarländern, die wir aufgrund unserer liberalen Freiheiten in Europa und unseres grenzenlosen Hobbys erreichen können – und wollen!
Der Ausdruck TEAM wird gern auch als Synonym der Arbeitsweise mancher Teams ausgesprochen als – Toll Ein Anderer Macht’s. Genau hier setzen die Motorflugkommission und die Ultraleichtflugkommission des Aeroclub NRW an. Jawohl, wir wollen die Touren vorbereiten, begleiten, organisieren und gewinnbringend umsetzen. Wer z.B. kein Englisch spricht oder zu wenig Übung in der Anwendung hat wird feststellen, dass in unserem TEAM genau das der Vorteil ist: Toll Ein Anderer macht’s!
Genau deshalb können auch die mitfliegen, die genau diese Unterstützung benötigen. Ähnlich ist es bei Flugvorbereitung und dem Einholen von Auslandsinformationen.

 

 

Ansprechpartner

Volker Engelmann
Vorsitzender

 

E engelmann.daec@gmx.de

Volker Engelmann