Flugbetrieb unter Beachtung der CoronaSchutzVerOrdnung

Text: Geschäftsführende Präsidium des AC NRW e.V.

Flugbetrieb unter Beachtung der CoronaSchutzVerOrdnung

Veröffentlicht von , 15. Mai 2020

Text: Geschäftsführende Präsidium des AC NRW e.V.

Liebe Luftsportlerinnen und Luftsportler,

die Geschäftsstelle und das geschäftsführende Präsidium des AEROCLUB | NRW e.V. erreichen eine große Anzahl von Fragen, Anregungen und Kommentaren zum Umgang mit der Corona-Schutzverordnung des Landes NRW. Die bisherigen Veröffentlichungen des AEROCLUB | NRW e.V. werden in dieser Information mit einem besonderen Fokus auf den Segelflug zusammengefasst und ergänzt:

Kontaktfreier Sport- und Trainingsbetrieb

Gemäß § 9 Abs. 1 CoronaSchVO ist kontaktfreier Sport- und Trainingsbetrieb zulässig und ausdrücklich auch der kontaktfreie Breiten- und Freizeitsport auf und in öffentlichen Sportanlagen und im öffentlichen Raum. Hierbei sind gemäß § 9 Abs. 4 CoronaSchVO die 1,5m-Mindestabstands- und Hygieneregeln einzuhalten.

Luftsport gehört zum Sport und zum Breiten- und Freizeitsport in diesem Sinne. Die Ausübung des Luftsports ist somit auf öffentlichen und privaten Flugplätzen, Segelfluggeländen, Hängegleitergeländen und Modellflugplätzen zulässig. Einsitziges Fliegen ist in allen Startarten zulässig.

Zulässigkeit doppelsitziger Flüge im Schulungsbetrieb

Indessen ist die Zulässigkeit doppelsitziger Flüge aus der Verordnung nicht unmittelbar abzuleiten, da der Mindestabstand von 1,5m hierbei nicht eingehalten werden kann.

Für doppelsitziges Fliegen in der Schulung ist die Rechtslage nicht eindeutig:

Die Bezirksregierung Münster als Landesluftfahrtbehörde hat unter Berufung auf das NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit einem Schreiben an alle Flugschulen in NRW vom 08. Mai 2020 mitgeteilt, dass die Regelungen der CoronaSchVO für Fahrschulen analog anwendbar sind auf Flugschulen. Diese Einschätzung wird von dem Justiziar unseres Verbandes geteilt.

Gemäß § 7 Abs. 4 CoronaSchVO darf beim praktischen Fahrunterricht der Mindestabstand von 1,5m zwischen Fahrschüler und Fahrlehrer unterschritten werden. Bei analoger Anwendung auf Flugschulen bedeutet dies, dass die praktische Flugausbildung in doppelsitzigen Flugzeugen zulässig ist.

Zur Erläuterung: Eine Gesetzesanalogie ist zulässig, wenn im Gesetz eine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Hierfür spricht vorliegend, dass die Situation in einem Fahrschulfahrzeug einerseits und in einem mit Flugschüler und Fluglehrer besetzten (Segel-) Flugzeug andererseits sehr ähnlich sind und ferner, dass bereits gemäß der Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, die eine befristete Gültigkeit vom 24. April 2020 bis zum 3. Mai 2020 hatte, der Flugschulbetrieb mit motorisierten Luftfahrzeugen dem Fahrschulbetrieb ausdrücklich gleichgestellt war. Auch die Zulassung von Tanzunterricht in Tanzschulen mit einem, nicht wechselnden Partner (der nicht der/die Lebensgefährte/in oder Ehepartner sein muss) in § 9 Abs. 3 CoronaSchVO spricht dafür, dass eine vergleichbare Regelung für den Luftsport in die Verordnung aufgenommen worden wäre, wenn der Verordnungsgeber dies bedacht hätte.

Weiter spricht für die analoge Anwendung das dringende Erfordernis der Durchführung von Übungs- und Überprüfungsflügen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit im Luftsport. Die Wiederzulassung des Luftsports als Breitensport kann nur dann sinnvoll sein, wenn zugleich auch die fliegerischen Tätigkeiten zugelassen sind, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit notwendig sind.

Mund- und Nasenschutz sind bei doppelsitzigen Schulflügen zu tragen. Die Dauer der Flüge ist auf das notwendige Minimum zu beschränken. Übungsflüge von Scheininhabern mit Fluglehren sind Schulflüge in diesem Sinne.

Zu beachten ist dabei, dass nicht die Luftfahrtbehörden oder ein NRW-Ministerium zuständig sind für die Durchsetzung der CoronaSchVO, sondern die kommunalen Ordnungsämter. Diese sind an eine Gesetzesauslegung anderer Behörden nicht gebunden und können die Rechtslage anders beurteilen und daraus folgend Bußgeldverfahren einleiten, wenn nach deren Ansicht z.B. doppelsitziges Fliegen nicht zulässig ist. Welche Rechtsansicht gilt, müsste im Streitfall ein Gericht entscheiden. Wer sich diesem Risiko nicht aussetzen und dennoch fliegen möchte, kann versuchen bei der für ihn zuständigen Ordnungsbehörde eine Auskunft zur dortigen Handhabung einzuholen. Eine Klarstellung durch eine verbindliche Ergänzung der CoronaSchVO oder eine Allgemeinverfügung ist wünschenswert.

Schnupperkurse

Schnupperkurse könnten bei konsequenter Anwendung der hier vertretenen Rechtsansicht als Schulfüge ebenfalls zulässig sein. Wir als Verband raten zum jetzigen Zeitpunkt jedoch davon ab, da die Einhaltung aller Hygiene-Vorgaben und insbesondere der Abstandsregeln mit Personen, die mit dem Verhalten auf einem Fluggelände noch nicht vertraut sind, problematisch sein kann. Wir empfehlen hier Zurückhaltung.

Für doppelsitziges Fliegen außerhalb der Schulung gilt

Nach § 1 Abs. Nr. 1, 2 CoronaSchVO dürfen zwei Personen im öffentlichen Raum zusammentreffen, wenn es sich um Verwandte in gerader Linie, Geschwister, Ehegatten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner handelt oder die Personen aus maximal zwei unterschiedlichen Haushalten kommen. Die Verordnung gibt nicht vor, aus welchem Grund die Personen zusammenkommen dürfen. Dies rechtfertigt die Annahme, dass zwei Personen zusammenkommen können, um gemeinsam in einem (Segel-)Flugzeug zu fliegen. Die Regelungen zum Sport in § 9 CoronaSchVO verdrängen diesen Grundsatz nicht, sondern öffnen und ergänzen dies vielmehr für die dort genannten Sachverhalte. Es ist damit zulässig, dass sich zwei Personen für einen längeren Überlandflug zusammenfinden. Mund- und Nasenschutz sind hierbei nicht angeordnet.

Auch hier ist zu beachten, dass Ordnungsbehörden und Gerichte zu einer anderen Rechtsauffassung gelangen könnten.

Eindeutig unzulässig sind Gastflüge mit Fremden und mehrere Flüge eines Piloten mit unterschiedlichen Passagieren, die nicht dem gleichen Haushalt angehören.

Für alle Flüge gilt

Die Frage nach der Haltung des eigenen Infektionsschutzes darf in der Diskussion rund ums Fliegen nicht untergehen. Jeder für sich – und als Erziehungsberechtigter für seiner Kinder – sollte selbst entscheiden, ob er derzeit bereits willens ist Nähe zu anderen Menschen zu tolerieren oder ggf. von der (doppelsitzigen) Fliegerei noch Abstand nehmen will. Diese Haltung gilt es zu respektieren.

Für alle Flüge – einsitzig und doppelsitzig – gilt, dass gemäß § 9 Abs. 1 CoronaSchVO jeder Wettkampfbetrieb untersagt ist. Dies gilt für zentrale Wettbewerbe und Meisterschaften ebenso wie für dezentrale Wettbewerbe. Die vom DAeC veranstaltete Dezentrale Meisterschaft im Streckensegelflug – DMSt – ist daher zurzeit ausgesetzt, soll nach aktueller Information auf der Website der BuKo-Segelflug jedoch zum 30.05.2020 starten. Der OLC hat gemäß Mitteilung auf seiner Website vom 02. Mai 2020 die Gesamtwertungen ab dem 17. März 2020 unterbrochen. Die OLC-Liga soll am 30. Mai 2020 starten.

LINKS zu den Verfügungen und der Verordnung

Am Ende noch der Hinweis, dass Lizenzen, Berechtigungen, Zertifikate oder Zeugnisse und Eintragungen gemäß den Allgemeinverfügungen der Bezirksregierung Düsseldorf und Münster vom 25. März 2020 zurzeit eine verlängerte Gültigkeit haben können. Zu den Einzelheiten bitte direkt in die Allgemeinverfügung schauen. Auf den Websites der Bezirksregierungen gibt es weitere Informationen zu den Allgemeinverfügungen und dem Umgang damit.

Die zurzeit gültige Fassung der Corona-Schutz-Verordnung des Landes NRW kann hier aufgerufen werden:

Weitere Informationen sind auf der Website des NRW-Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales

Euer
Geschäftsführende Präsidium
des AEROCLUB NRW e.V.  



Tamara Neumann, Präsidentin
Evelyn Höfs, Vizepräsidentin Finanzen
Dr. Karl Dieter Lerch, Vizepräsident Kommunikation & Marketing
Matthias Podworny, Vizepräsident Ausbildung
Emil Pluta, Vizepräsident Technik  

LINKS zu den Hinweisen der Sportfachgruppen: