Mitgliederversammlung und Abstimmungen der Vereinsmitglieder in Zeiten der Pandemie

Text: Patrick Kreimer, Justiziar des AEROCLUB NRW

Mitgliederversammlung und Abstimmungen der Vereinsmitglieder in Zeiten der Pandemie

Veröffentlicht von , 29. Januar 2021

Text: Patrick Kreimer, Justiziar des AEROCLUB NRW

„Die Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind, durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird.“

„Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluss gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären.“

So steht es wörtlich in § 32 BGB, und vielen Vorständen und Vereinsmitgliedern sind diese Vorgaben aus der bisherigen Handhabung mehr oder weniger bekannt und vertraut. Und es ist auch bekannt und vertraut, dass eine nach BGB schon eh und je zulässige rein schriftliche Abstimmung nicht praktikabel ist, da eine sehr große Gefahr besteht, dass nicht alle Mitglieder dem Beschluss schriftlich zustimmen. Bedenke: Der schriftliche Beschluss außerhalb der Mitgliederversammlung ist ungültig, wenn nur ein Mitglied nicht schriftlich zustimmt. Das Mittel der Wahl ist daher die ordnungsgemäß eingeladene Mitgliederversammlung, in der gültige Beschlüsse auch dann getroffen werden können, wenn nicht alle Mitglieder erscheinen und zustimmen.

In vielen Vereinssatzungen ist angeordnet, dass die Mitgliederversammlung mindestens einmal im Jahr stattzufinden hat. Und ebenso ergibt sich aus vielen Satzungen, dass viele Entscheidungen in Mitgliederversammlungen zu erfolgen haben. Dies können Vorstandswahlen sein, aber auch die Entscheidung über Gebührenerhöhungen, über die Anschaffung oder den Verkauf von Fluggerät und vieles mehr. Letztlich hat die Mitgliederversammlung über alles zu entscheiden, was laut Satzung nicht ausdrücklich dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zur Entscheidung ohne Beschluss der Mitgliederversammlung zugewiesen ist.

Die Covid-19-Pandemie und die dazu von der Politik erlassenen Verordnungen lassen bekanntlich größere Versammlungen derzeit nicht zu. Dies gilt auch für die Mitgliederversammlungen der Vereine. Soweit Entscheidungen durch die Mitglieder zu treffen sind, sind die Vereine also eigentlich handlungsunfähig.

Damit die Vereine weiter handlungsfähig bleiben, wurde bereits zu Beginn der Pandemie in § 5 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.3.2020 die gesetzliche Grundlage geschaffen für Entscheidungen außerhalb einer als Präsenzveranstaltung abgehaltenen Mitgliederversammlung. Ferner wurden die Voraussetzungen für einen gültigen Beschluss außerhalb der Mitgliederversammlungen vereinfacht:

Für Mitgliederversammlungen gilt derzeit:

  1. Vereine können Mitgliedern die Teilnahme an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort ermöglichen und zulassen, dass Mitgliederrechte, insbesondere die Teilnahme an Abstimmungen, im Wege der elektronischen Kommunikation ausgeübt werden.
  2. Vereine können Mitgliedern gestatten, ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben.

Für Beschlussfassungen außerhalb von Mitgliederversammlung gilt derzeit:

Außerhalb der Mitgliederversammlung gefasste Beschlüsse sind gültig, wenn alle Mitglieder an der Beschlussfassung beteiligt wurden, die Hälfte der Mitglieder ihre Stimme in Textform abgegeben hat und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.

Ein außerhalb der Mitgliederversammlung gefasster Beschluss kann derzeit also nicht von einem einzelnen Mitglied, das nicht zustimmt, blockiert werden. Für einen gültigen Beschluss genügt es, dass a) mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimme abgeben und b) mindestens 25% + eine Stimme der Mitglieder für den Beschluss sind.

Diese geänderte Rechtslage galt zunächst bis zum 31. Dezember 2020. Mit Verordnung vom 20.10.2020 würde die Gültigkeit um ein Jahr, also bis zum 31. Dezember 2021, verlängert.

Zum Schluss noch ein Hinweis zur Notwendigkeit von Vorstandswahlen:

Derzeit bleiben gewählte Vorstandsmitglieder auch nach Ablauf der in der Satzung vorgesehenen Amtszeit bis zu einer Abberufung oder bis zur Bestellung eines Nachfolgers im Amt. Sofern das Vorstandsmitglied zur weiteren Ausübung des Amtes bereit ist, ist es daher nicht notwendig, ausschließlich aufgrund des Ablaufens der Amtszeit eine Mitgliederversammlung durchzuführen.

Webinarempfehlung

Für die Vorstände seiner Mitgliedsvereine bietet der AEROCLUB NRW e.V. am 1. März ein Webinar zu dem Thema „Mitgliederversammlung 2021, rechtsichere Planung und Durchführung“. Stefan Wagner, Jurist und Dozent der DOSB-Führungsakademie führt durch die Inhalte, durch die Veranstaltung moderiert Lisa Reich (DOSB-Führungsakademie). Die Teilnahme ist für die Vereinsvorstände der Mitgliedsvereine ist kostenfrei.

>> zur Ausschreibung samt Anmeldeformular

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