Die Teilnehmerinnen Ruth Haliti (R) und Nina Int-Veen (N) blicken auf ein professionelles Online-Seminar zurück.

R: Hallo Nina, schön, dich mal wieder – auf Abstand – persönlich zu treffen.

N: Hallo Ruth! Oh ja, das stimmt. Obwohl, ich fand unseren Online-Workshop aus der Reihe „Frauen führen mit Erfolg“ echt gut und irgendwie auch recht persönlich.

R: Da hast du Recht. Moderieren und präsentieren in einer Mitgliederversammlung will gelernt sein. Das ist schon für männliche Vorstände in der Organisation und Durchführung nicht so einfach, geschweige denn, wenn eine junge (blonde) – lacht – Frau vorne steht und die Themen durchbringen möchte. Wir Frauen neigen ja, wie wir auch im Workshop gelernt haben, dazu alles sehr transparent erklären zu wollen, um eine gemeinsam getragene Entscheidung herbeizuführen und … das sind die Herren nicht immer gewöhnt. Aber es ist ja doch einiges im Fluss. Ich finde, der Umgang und die Kommunikation haben sich schon sehr zum Positiven verändert.

N: Ich habe aus dem Werkzeugkasten, der von Frau Peren vorgetragen wurde, viel mitgenommen. Einiges hatte man vielleicht schon einmal gehört, aber dadurch, dass man die Themen auch so persönlich und umfangreich besprechen sowie an Alltagsbeispielen erklären konnte, ist wirklich viel hängengeblieben. Hoffe, ich kann einen Teil davon in meinen nächsten Besprechungen und Vorträgen verwenden. Auch die Tipps, wie man mit Nervosität oder „Rotwerden“ umgehen kann fand ich sehr hilfreich.

R: Richtig gut fand ich im Workshop übrigens, dass wir ein sehr übersichtlicher Kreis von zwölf Teilnehmerinnen waren, sodass man seine eigenen Herausforderungen und vermeintlichen Schwächen gut mit der Gruppe diskutieren konnte. Mit allen zusammen oder auch in den Kleingruppen, in denen man sich zu zweit oder zu dritt auseinandergesetzt hat.

N: Ja, und die vorgestellten Themen kann man in diesen Zeiten virtuell genauso verwenden wie auch irgendwann, wenn der ganze Hangar wieder mit „richtigen“ Menschen gefüllt sein wird. Darauf freue ich mich schon sehr!

R: Was mich echt nachhaltig beeindruckt hat, war die Wirkung der Körpersprache. Mir war zwar die Bedeutung grundsätzlich bewusst, aber nicht, dass es so drastisch ist. 55 % Körpersprache, 33 % Stimme und nur 7 % (!!!) Inhalt einer Aussage überzeugen. Das wirft doch einige Fragen auf, wenn ich überlege, wie sehr ich mich bei einer Präsentation immer fachlich vorbereite …

N: Stimmt. Interessant fand ich auch die verschiedenen Fragetechniken. Richtig gut gefallen haben mir persönlich die lösungsorientierten Fragen oder auch die, in denen man gleich eine Alternative aufzeigt. Das Thema kann ich wirklich jedem und jeder empfehlen, der/die sich Diskussionen stellen muss. Vielleicht findet der eine oder andere Verein ja auch mal Interesse. Unter https://peren-und-partner.de/moderation-und-praesentation/ kann man sich das mal näher anschauen.
Auch die Infos dazu, wie man eine Besprechung strukturieren kann und wie wichtig vorab gut durchdachtes Zeitmanagement ist, fand ich wichtig. Damit kann man sicher dazu beitragen, dass die elendigen langen Versammlungen, die am Ende nicht mal ein greifbares Ergebnis vorzeigen, kürzer und produktiver werden.

R: Bei dem Thema ist bei uns allen sicher noch Luft nach oben in den Fähigkeiten. Daher bin ich dem AEROCLUB | NRW e. V. auch echt für das Angebot total dankbar. Selbst wenn ich dafür einen kompletten Samstag am Rechner gehangen habe und nicht am Flugplatz sein konnte – grinst. Und dazulernen kann man ja immer!
Und apropos „Luft nach oben“ … Ich geh ne Runde Fliegen, hast Lust mitzukommen? Meine H40 muss mal wieder in den Himmel.

N: Perfekt, von Theorie im Verein zur Praxis in der Luft – lacht. Besser kann ein Tag nicht enden.

Ein Interview mit dem Neffen der vermutlich ersten Pilotin Duisburgs

Das Gespräch führte Ruth Haliti, LSV Eschendorf e.V. und Vereinigung deutscher Pilotinnen VdP. Dieses Interview ist erschienen im Luftsportmagazin NRW 1-2021 (Seite NRW 23)

Guten Tag Herr Dr. Gerdes,
Sie sind ein Neffe von „Fräulein“ Agathe Gerdes. Vielleicht kurz zu Ihrer Person: Sie studierten an der Deutschen Sporthochschule Köln mit Abschluss als Diplomsportlehrer und im Anschluss wurden Sie nach einem Studium der Medizin in Köln und Düsseldorf Sanitätsoffizier bei der Bundeswehr. Dort bildeten Sie sich zum deutschen und amerikanischen Fliegerarzt in Fürstenfeldbruck und San Antonio (School of Aerospace Medicine) sowie in Cape Canaveral weiter. Obwohl Sie selber keinen Pilotenschein machten, hatten Sie während Ihres Berufslebens häufig Gelegenheit, in Propellermaschinen und mehr noch in Jets mitzufliegen.
Damit sind Sie, wie auch Ihr Vater Edmund Gerdes als Ballonfahrer und Ihr leider verstorbener älterer Bruder als Segelflieger der Fliegerei verbunden.
Das Familienmitglied, über das wir uns heute unterhalten wollen, ist Ihre Tante Agathe Gerdes. Sie, Ihr Bruder und ihre beiden Schwestern haben das „Fräulein Gerdes“ noch kennengelernt.

Ja, wir hatten noch das Vergnügen, diese besondere Frau kennenlernen zu dürfen!

Ihre Tante war nach vorliegenden Aufzeichnungen die erste Pilotin Duisburgs. Hat Sie Ihnen oder Ihrer Familie davon erzählt?
Was ich von meiner Tante hinsichtlich der Fliegerei zu berichten weiß ist, dass sie 1924 Mitglied im Flugverein Duisburg-Neuenkamp wurde und dort mit am Aufbau des Vereins beteiligt war. Soweit wir als Familie das wissen, war sie damals auch das erste weibliche Mitglied im Duisburger Verein.

(Anm. der Red.: 1912 gegründet als „Niederrheinischer Verein für Luftschifffahrt“, der später den Namen „Flugverein Niederrhein“ annahm. Da die Versailler Verträge den Motorflug in Deutschland nach dem Krieg fast ganz verboten, konnten weitere Aktivitäten erst nach über zehn Jahren aufgenommen werden. Im Jahr 1925 beschlossen flugbegeisterte Duisburger, wieder als Segelflieger aktiv zu werden. Am 6. September 1925, wenige Tage nach dem Abzug der französisch-belgischen Besatzungstruppen, wurde ein Duisburg-Mülheimer Flugsportverein e. V. in der Gruppe West des Deutschen Luftschiffart-Verbands neu gegründet (https://tinyurl.com/y2ly5yj7)

Tante Agathes erste Begegnung mit der Fliegerei war im Segelflugzeug. Tante Agathe war – soweit uns bekannt ist – auch die erste Frau, die dort die Segelflugausbildung begann. Leider endete ihre Karriere als Segelflugpilotin mit einem Absturz, als sie damals auf der Wasserkuppe/Rhön 1929 ihre Segelflugzeugprüfung ablegen wollte.

„Fräulein“ Agathe Gerdes, erste Pilotin Duisburgs, geboren im März 1890 in Duisburg, dort verstorben im September 1978

Und das war das Ende der Fliegerei für Ihre mutige, abenteuerlustige Tante?
Nein, meine Tante war wohl so schnell nicht klein zu bekommen. Nach eigenen Angaben erlitt sie beim Absturz zwölf Knochenbrüche (!). Da der Zusammenwuchs der Knochen, u. a. eines Beins, für Tante Agathe nicht „gerade genug“ war, ließ sie einige Knochen wieder „brechen“ und korrigieren. Das Bein allerdings blieb verkürzt.
Dies hielt sie nicht davon ab, der Fliegerei die Stirn zu bieten. Nachdem alles verheilt war, machte sie alsdann ihren Motorflugschein als Pilotin. Nach meiner Kenntnis war sie die erste Motorpilotin in Duisburg. Wie meine Familie zu berichten weiß, soll sich später eine Freundschaft zwischen Hanna Reitsch und ihr entwickelt haben.

Herr Dr. Gerdes, in allen Texten und auch aus Ihrem Mund spricht man nicht einfach nur von Agathe Gerdes, sondern von dem „Fräulein“ Agathe Gerdes.
Ja, in der Tat. Darauf hat die Tante zeitlebens bestanden. Ihr Verlobter ist leider nicht aus dem 1. Weltkrieg zurückgekehrt. Sie hat dann nie geheiratet und immer Wert daraufgelegt, als „Fräulein Gerdes“ angesprochen zu werden.
Interessant ist, dass Tante Agathe ihren Beruf als Lehrerin bis zu ihrer Pensionierung ausgeübt hat, denn damals durften nur unverheiratete Frauen diesen Beruf ausüben. Verheirateten Frauen war der Beruf als Lehrerin per Gesetz verboten.

Anfang des Jahres haben Sie dem Aeroclub NRW ein Ölgemälde angeboten, das Ihre Tante Agathe zeigt.
Das Ölgemälde meiner Tante entstand nach einem Foto aus den Jahren um 1926/27 und wurde von ihrem zwei Jahre jüngeren Bruder Edmund – meinem Vater – laut dessen Erinnerung im Jahre 1956 gemalt. Für die Flughistorie am Niederrhein und damit in NRW würde ich mir wünschen, dass das Gemälde dieser besonderen Pionierin in gute Hände kommt und Wertschätzung und Erinnerung wachhält.
Übrigens, um die Zeit, als das Gemälde entstand, feierte der Verein in Duisburg ein Jubiläumsfest, soweit ich erinnere. Ein festlicher Ball im damaligen Duisburger Hof. Meine Tante Agathe wurde anlässlich dieses Festes als 1. Duisburger Pilotin geehrt und erhielt eine Auszeichnung. Da sie gebeten worden war, den Ball mit einem Walzer zu eröffnen, aber keine Begleitung hatte, nahm sie mich (ca. 16 Jahre alt) mit. Wir waren ein sehr ungleiches Paar, aber ich war stolz auf meine Tante.
Trotz meiner geringen Musikalität bestand meine Tante im Übrigen darauf, mir über einige Jahre hinweg wöchentlich Klavierunterricht zu erteilen. Damals für mich schwierig, dennoch bin ich ihr im Nachhinein bis heute dafür dankbar.

Ihre Tante scheint wirklich ein bemerkenswerter Mensch gewesen zu sein und vor allem eine Frau, die ihrer Zeit voraus schien.
Oh ja, das war sie wohl. Insgesamt würde ich sie als resolute, durchsetzungsfreudige, aber liebenswerte Frau mit viel Humor und Witz bezeichnen. Noch eine kleine Anekdote, die ihren Charakter wunderbar skizziert: Sie trug zu einem echten Skandal in Duisburg bei (lacht). Als junge Frau war sie eine der ersten Motorradfahrerinnen in Duisburg. Sie fiel der Polizei auf, weil sie zu allem Überfluss auch noch Motorrad in Männerhosen fuhr. Wegen des Tragens von Männerkleidung wurde sie verwarnt und musste Strafe zahlen! Ob es sie gehindert hat dies erneut zu tun ist leider nicht überliefert.

Vielen herzlichen Dank für diesen sehr persönlichen Einblick, und wir als Aeroclub NRW werden das Portrait Ihrer Tante in Ehren halten. Haben Sie nochmals vielen Dank, dass Sie an uns gedacht haben und uns das Gemälde zur Verfügung stellen wollen.

Literaturhinweis für weiter Interessierte:

Anmerkung:
Flugplatz Duisburg-Neuenkamp:
Der Flugplatz Neuenkamp wurde im Jahre 1912 eröffnet. Im Jahre 1927 erhielt er den Namen „Paul-Bäumer-Flugplatz“, benannt nach dem aus Duisburg stammenden und 1927 tödlich verunglückten Flieger Paul Bäumer, welcher auch Träger des Ordens „Pour le Mérite“ gewesen ist. Überwiegend fand hier Motor- und Segelflugsport statt. In den 1930er Jahren wurde der Flugplatz baulich erweitert und später während des Zweiten Weltkrieges auch von der deutschen Luftwaffe genutzt, welche hier einige Ausbildungseinrichtungen führte. So ist die Ausbildung von Sturzkampffliegern (STUKA) auf diesem Platz während des Krieges bekannt. Auch während der Westfeldzüge der deutschen Wehrmacht spielte der Platz eine kleine Rolle, als dort eine Sturzkampffliegereinheit stationiert wurde, welche von hier zu Einsätzen gegen Belgien und die Niederlande geflogen ist. Der Flugplatz Neuenkamp wurde auch als Basis (Notlandeplatz etc.) für Jagdflugzeuge genutzt, welche bei anglo-amerikanischen Luftangriffen gegen die Ruhrgebietsstädte die Bomber bekämpften. In den 1950er Jahren wurde dort der wieder zugelassene Flugsport für kurze Zeit ausgeübt. Ab Mitte der 1950er Jahre wurden auf dem Gelände verschiedene Industriebetriebe angesiedelt und später auch ein Tanklager errichtet. Nach 1960 existierte der Flugplatz Neuenkamp praktisch nicht mehr. Quelle: wikipedia.de https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Luftfahrt_im_Ruhrgebiet
Weitere Infos auch im Luftsportmagazin NRW 2-2020 (Seite NRW 42)

Der Vater unseres Interviewpartners, Edmund Gerdes, hat dieses Ölgemälde seiner Schwester nach einem Foto aus den Jahren um 1926/27 erstellt.